
Teilprojekt C9
Religiöse Praxis und Ritualgemeinschaft bei sunnitischen Muslimen in Deutschland
Fachgebiete und Arbeitsrichtung: Islamwissenschaft und Arabistik
Teilprojektleiter/-in
Prof. Dr. Susanne Enderwitz
susanne.enderwitz@ori.uni-heidelberg.de
Seminar für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients / Islamwissenschaft / Arabistik
Albrecht-Überle Str. 3-5
69117 Heidelberg
Telefon: 06221-54 29 64
Telefax: 06221-54 29 63
Mitarbeiter/-innen
Udo Simon
udo.simon@ori.uni-heidelberg.de
Ausgeschieden seit 30.06.2009.
Dr. Paula Schrode
Ausgeschieden seit 28.02.2013.
Projektprogramm
Das Projekt schließt an das Vorgängerprojekt "Rituelle Reinheit im Islam" an: Während Reinheitspraktiken zwar soziale Dimensionen enthalten, sich aber in erster Linie auf den individuellen Körper beziehen, manifestiert sich die Strukturierung des Sozialen auf anderen Ebenen sunnitischer Ritualpraxis noch deutlicher. Der Fokus des Forschungsprojekts verschiebt sich nun von "Reinheit" als einer rituellen Ordnungskategorie auf Ebene des individuellen Körpers auf solche Dimensionen religiöser Praktiken, die den sozialen Körper ordnen und differenzieren.
Mit Fokus einerseits auf multiethnischen Islam in Deutschland und andererseits auf türkischen Islam soll das Opfer (dabh) als zentraler ritueller Komplex empirisch untersucht und in seinen Beziehungen zu Konzepten von Opfergabe (qurbān), Spende (sadaqa) und Solidarabgabe (zakāt als "Reinigung" des Besitzes) hinsichtlich der Konstituierung von Ritualgemeinschaften und Solidargemeinschaften befragt werden. Dabei sind Differenzierungen innerhalb des muslimischen Spektrums ebenso von Interesse wie Differenzmarkierungen nach außen.
Eine vergleichende Bestandsaufnahme sowohl der Opferpraktiken als auch der mit dem Opfergedanken in Zusammenhang stehenden Transaktionen in Deutschland und der Türkei wird mit einer Analyse der jeweiligen Diskurse verknüpft, in denen Sinn und Zweck von Schlachtopfern und die Zulässigkeit von Ersatzhandlungen verhandelt werden. Zentral ist dabei die Frage, wie Opfern und Verteilen im sozialen Kontext muslimischer Herkunftsgesellschaften umgesetzt und interpretiert werden, und wie sich dies andererseits in den teilweise stark fragmentierten muslimischen Milieus in Deutschland darstellt. Inwiefern ändert sich die Idee "der islamischen Gemeinschaft" (umma), wenn zum Opferfest nicht mehr an bedürftige Nachbarn verteilt, sondern per Überweisung ein Schlachtopfer in einer Krisenregion wie Tschetschenien veranlasst wird? Wie lässt sich diese neue transnationale Dimension des Opfers religionsökonomisch werten? Der erweiterte Komplex des rituellen Gebens und Nehmens erscheint ferner aufschlussreich für die Konstituierung und Selbstpositionierung muslimischer Gruppen innerhalb einer multireligiösen Gesellschaft sowie innerhalb verschiedener Angebote von Islam.
Themenschwerpunkte
Ritualökonomie
Reflexivität
Datenarchivierung
Dieses Projekt hat im Zuge der Forschung Daten archiviert und stellt diese online zur Verfügung.